© Anton Prock 2022
Zusatz
Kreuz Christi
Sah das Kreuz Christi wirklich so aus, wie es immer wieder dargestellt
wird? Das ist nicht gesichert. In den griechischen Originalen der
Evangelien taucht das Wort staurós auf, was Pfahl bedeutet. Ebenso
bedeutet das lateinische Wort crux Pfahl. Somit wäre Jesus nicht
gekreuzigt, sondern gepfählt worden.
Im Alten Testament gab es als Hinrichtungsform die Kreuzigung nicht,
wohl aber das Aufhängen an Holz oder Pfahl. In den Evangelien des Neuen
Testaments wird jedoch von der „Kreuzigung“ gesprochen.
Bei den Römern war die Kreuzigung bzw. Pfählung die schändlichste aller
Todesarten, die nur aufständischen Sklaven, Kriegsgefangenen und
Schwerverbrechern vorbehalten war. Der Tod am Kreuz (Pfahl) war extrem
lang und schrecklich, er konnte bis zu drei Tagen dauern.
Die Urkirche sah im Kreuz - nicht in der Kreuzigung - das sieghafte Zeichen
des Menschensohnes, der am Jüngsten Tag zum Jüngsten Gericht
wiederkommen wird.
Die ältesten Kreuzigungsdarstellungen Christi finden sich frühestens 300
Jahre nach seinem Tod. Es gibt jedoch antike Abbildungen des
Aufhängens an einem Baum oder Pfahl. Im 4. Jh. verbreitete Kaiser
Konstantin der Große das Kreuz als Siegeszeichen für den von ihm
geförderten christlichen Glauben. Erst Ende des 4. Jh. wurde die
Kreuzigung als Todesstrafe abgeschafft.
Als erste Kreuzigungsdarstellungen gelten eine
Elfenbeintafel aus der Zeit um 420 (London, Victoria und
Albert Museum) und ein Relief an der Holztür von Santa
Sabina in Rom (um 430). In beiden Darstellungen ist
Christus jedoch nicht als der Geschundene und Leidende
dargestellt, sondern steht als Besieger des Todes
aufrecht und hat die Augen geöffnet.
Diese Darstellung des Christus triumphans fand rasche
Verbreitung, wurde vor allem in plastischer Form
geboten und bestand bis in die Zeit der Romanik (13.
Jh.). Man spricht auch vom Viernagel-Typus (je zwei Nägel durch Hände
und Füße).
Romanische Kruzifixe
Der triumphierende Christus ist
Sieger über den Tod, weshalb er
oft auch als König mit einer Krone
dargestellt ist. Christus lebt und
hält den Kopf meist aufrecht. Beide
Füße stehen nebeneinander auf
einem Podest - Viernageltypus.
Die Augen können geöffnet sein,
der Blick ist oft stark expressiv.
Gotische Kruzifixe
In der Gotik (13.- Anfang 16. Jh.) stellten der Zisterzienserheilige Bernhard
von Clairvaux und der Begründer des Franziskanerordens Franz von Assisi
das Leiden Christi in den Mittelpunkt. Christus hängt am Kreuz, ist
blutverschmiert und trägt die Spuren der Misshandlung sowie die
Dornenkrone. Der Kopf ist zur Seite gesunken, das Gesicht zeigt Schmerz,
die Augen sind meist geschlossen. Beim Dreinagel-Typus sind beide Füße
übereinander gelegt und durch einen Nagel am Kreuz befestigt. Beim
Gläubigen soll Mitleid erregt werden, er soll sich meditativ in das Leiden
Christi versenken können.